SAP FS-CD Einführung - 6 Erfolgsfaktoren

Viele Versicherer wickeln den zentralen Zahlungsverkehr über eine Standardsoftware ab. Der größte Teil des versicherungswirtschaftlichen Zahlungsverkehrs wird derzeit im deutschsprachigen Raum über das Standardmodul SAP FS-CD (Financial Services – Collections and Disbursement) der SAP AG abgewickelt. 

SAP FS-CD bildet viele Funktionen im Zahlungsverkehr und finanzwirtschaftliche Komponenten ab. Die Implementierung ist eine Herkulesaufgabe und immer mit einer Großprojektorganisation und dem entsprechenden Mitteleinsatz verbunden.

Um ein solches Großprojekt von Beginn an erfolgreich auf die Zielgerade zu bringen, brauchen Sie natürlich das Standardrüstzeug einer professionellen Großprojektplanung. Darüber hinaus hängt der Erfolg des Projekts aber auch von einer geeigneten Fach- und Systemarchitektur ab. Wir haben 6 Erfolgsfaktoren ausgemacht, die Sie beim Aufbau der Fach- und Systemarchitektur unterstützen.  

1. Verschaffen Sie sich einen genauen Überblick mit Ihrer persönlichen  „Zahlungsverkehrs-Landkarte“

  • Um den Zahlungsverkehr effizient und zukunftssicher in einer Standardsoftware abbilden zu können, müssen Sie Ihre derzeitigen Funktionen kennen und im Unternehmen verorten können.

  • Prüfen Sie, in welchen Abteilungen und Gruppen Ein- und Auszahlungen veranlasst, Ausbuchungen vorgenommen, Zahlungserinnerungen und Mahnungen erstellt, sowie weitere zahlungsverkehrsrelevante Buchungen erstellt werden.
  • Stellen Sie fest, in welchen Systemen diese durchgeführt werden. So befreien Sie überfrachtete Bestandssysteme von Funktionen, die in der Vertragsverwaltung nichts zu suchen haben und die spätestens mit der nächsten regulatorischen Anforderung wieder aufwändig angepasst werden müssen.

2. Schaffen Sie ein klares organisationales Zielbild mit einheitlichem Regelwerk für Ihren Zahlungsverkehr der Zukunft

Nur wenn ein klares Zielbild des Zahlungsverkehrs in Ihrer Organisation schaffen, kann die Einführung einer komplexen Standardsoftware gelingen.

  • Legen Sie fest, ob der Zahlungsverkehr zukünftig zentral und spartenorientiert, z.B. als Shared Service Center durchgeführt wird, oder ob er dezentral von den Vertragsabteilungen übernommen wird. Was für Sie richtig ist, ergibt sich aus den Anforderungen der Produkte, dem Funktionsschnitt oder einer bereits gewachsenen Konzernphilosophie.
  • Klären Sie, ob Sie einen 1st oder 2nd Level Support in die Kundenanfragen einbinden. Daraus ergeben sich wichtige Hinweise für die künftige Aufstellung.
  • Bestimmen Sie, welche heute redundant ausgeführten Funktionen zukünftig nur noch an einer organisatorischen Stelle oder Domäne durchgeführt und überwacht werden. Damit vermeiden Sie, dass Sie in der Konzeptionsphase zu viele unterschiedlich motivierte Wissensträger koordinieren müssen.
  • Legen Sie vorab fest, mit welchem zentralen Regelwerk der Zahlungsverkehr durchzuführen ist. Definieren Sie dafür geeignete Vorgaben, wie zum Beispiel
    • einheitliche Ausbuchungsregeln
    • harmonisierte und zentral abgestimmte Erinnerungs- und Mahnverfahren und
    • zentralisierte, einheitliche Zahlläufe.

    Je mehr Regeln Sie für eigentlich gleichartige Funktionen zulassen, desto komplexer und teurer wird die Implementierung.

3. Definieren Sie den Blick auf Ihre Kunden vor Projektstart

Die Definition der Sicht auf Ihre Kunden ist ein Schlüssel zum fachlich strukturierten SAP-Systemaufbau (System- und Mandantenkonzept).

  • Wenn Sie im Zahlungsverkehr eine Gesamtsicht auf Ihre Kunden wünschen, muss Ihre Systemlandschaft jeden einzelnen Kunden eindeutig identifizieren und kennen. Diese Erkenntnis hilft bei der Ableitung eines ersten Architekturansatzes des SAP-Systems und der einzelnen Mandanten. 
  • Bei verteilter Partnerdatenhaltung ergeben sich wieder ganz andere Anforderungen an die Kundensicht. Das kann bedeuten, dass jede Gesellschaft eine eigene Kundensicht und Mandanten aufbaut.
  • Definieren Sie alle Inkassosichten, wie z. B. Privatkunden, Großkunden, Vertriebspartner und Sammelinkasso sorgfältig. Nur so erhalten Sie wirklich die Gesamtsicht auf die zukünftige Architektur.

4. Zentralisieren Sie die Datenhaltung im SAP FS-CD System für alle inkassorelevanten Daten

  • Legen Sie fest, welches Prinzip der Datenhaltung für die relevanten Daten im Zahlungsverkehr für Ihre Systemlandschaft geeignet ist.
  • Prüfen Sie, welche Systeme als Provider für den Zahlungsverkehr Daten bereitstellen und welche Consumersysteme diese Daten benötigen.
  • Zentralisieren Sie die Inkassodaten nach Möglichkeit. Im Fall einer regulatorischen Anforderung müssen Systemänderungen dann nur in einer Anwendung durchgeführt werden. Viele Unternehmen haben gerade bei der Einführung von SEPA die schmerzhaften und kostenintensiven Konsequenzen einer verteilten Datenhaltung getragen und mühen sich nun um eine zentrale Haltung von Inkassodaten.

5. Batch oder Online – Entscheiden Sie vorab, wieviel Tempo und Service Sie Ihren Kunden im Zahlungsverkehr bieten wollen oder müssen

Der Paradigmenwechsel vom Batchbetrieb zum transaktionalen Betrieb läuft bereits auf vollen Touren. Transaktionsorientierte Zahlungsdienstleister und die SAP mit HANA bringen mehr Tempo in den Zahlungsverkehr. Das Warten der Kunden auf Auszahlungen in den Schaden- und Personenversicherungen gehört technisch bereits der Vergangenheit an.

Eine spätere Umstellung auf einen transaktional geprägten Betrieb ist sicher komplex und teuer. Daher bestimmen Sie vorab:

  • Welche Geschäftsvorfälle im Zahlungsverkehr bringen im transaktionalen Betrieb mehr Kundenorientierung?
  • Welche alternativen Zahlungsdienstleister, wie z. B. Paypal, müssen transaktional in den SAP FS-CD Betrieb eingebunden werden?
  • Wie sieht es aus mit beschleunigten Einmalzahlungen im Jahresendgeschäft der Personenversicherer? Und wie mit tagesgleichen Auszahlungen über einen alternativen Zahlungsdienstleister im Schadengeschäft?
  • Welche Massendaten müssen zügig gezielt ausgewertet werden und stützen Ihr Steuerungsmodell? Die Datenanalyse wird mehr und mehr zum Kerngeschäft der Versicherer? Wie stellen Sie sich hier auf?

Je eher das Zielbild steht, desto früher können Sie diese Anforderungen schon bei der Einführung berücksichtigen!

6. Legen Sie gemeinsam mit Ihrer IT einen risikobewussten Stufenplan für die Einführung von SAP FS-CD fest

Sie können zunächst eine bestimmte Kundengruppe, ein bestimmtes Bestandsystem oder auch nur eine Sparte einführen. Die Entscheidung ist abhängig vom funktionalen Schnitt Ihrer Bestands- und Partnersysteme (=liefernde Systeme). Hier finden Sie einige Beispiele für eine erste Stufe der Einführung:

  • Privatkunden, aber alle Sparten
  • Firmenkunden aber alle Sparten
  • Leben, Privat- und Firmenkunden
  • Sach, Privat- und Firmenkunden
  • Eine weniger komplexe Sparte, wenn eigenes Sparten-Bestandssystem

Natürlich sind noch viele weitere Beispiele denkbar. Vermeiden Sie die Einführung in Form eines „Big Bang“, d.h. in Form einer spartenübergreifenden Gesamteinführung von SAP FS-CD. Die sehr lange Projektlaufzeit ohne go-live Möglichkeit sorgt schnell für Projektfrust. Und so manches Projekt ist dann irgendwann dem Rotstift zum Opfer gefallen. Sorgen Sie durch ein stufenweises Vorgehen für ein schnelles Erreichen von ersten Etappenzielen.

Und noch eine Sache: Als Verantwortlicher für den Zahlungsverkehr ist ein solches Projekt Chefsache. Überlassen Sie zentrale Fragestellungen und die Funktionen eines solch wichtigen Systems nicht alleine der IT!